Clubausflug 2020 Mayrhofen
(Bericht von Axel Schaffroth)
Auf dem Clubabend am 04.09.2020 haben wir groß über den anstehenden Clubausflug diskutiert. Viele waren sich noch nicht sicher, ob und wann sie hinfahren sollen.
Die Wettervorhersage im Internet kündigte zu diesem Zeitpunkt am kommenden Freitag eine Wetterverschlechterung mit Regen an. Jürgen Haag hat sich entschieden schon am Mittwoch nach Mayrhofen zu fahren, weil er sowieso am Samstag wieder zu Hause sein musste, andere wollten noch abwarten und sich erst am kommenden Dienstag äußern.
Ich habe mich auch für den Mittwoch entschieden und traf mich mit Jürgen um 10:00 Uhr beim Bruggerwirt. Hier erfuhren wir, dass Lutz hier schon eine Woche Urlaub machte und mit seinem Gleitschirm bereits mit dem Linienbus zum Startplatz Melchboden unterwegs war. Für die nächsten 2 Tage bildeten Jürgen und ich eine Fahrgemeinschaft mit den Privatautos. Das Taxi hätte 70 € gekostet und wäre für uns Schwaben unwirtschaftlich gewesen.
Diesen kostenlosen Startplatz verdanken wir Jürgen Lonn, der im Jahr 1992 einen Eklat mit einem geldeintreibenden, selbsternannten Grundstückbesitzer hatte. Jürgen hat das durch die Gemeindeverwaltung Mayrhofen klären lassen.
So waren wir an diesem Tag nur ein verlorenes Häufchen die das Gerät am Startplatz Melchboden aufbauten. Später gesellten sich dann noch eine Handvoll Gleitschirmflieger hinzu.
Jürgen Haag und Axel Schaffroth am Startplatz Melchboden
Zu diesem Zeitpunkt stand Lutz schon in voller Montur am Starplatz und wartete auf den oft wechselten Wind.
Nach dem zweiten Startversuch kam er in die Luft und wir mussten mitansehen, wie tot die Luft an diesem Tag war.
Lutz Berlin beim Start
Jürgen und ich starteten kurz hintereinander gegen 13:00 Uhr. Er konnte in einen Lee-Bart eintauchen und eine Startüberhöhung herausarbeiten während ich mich ca. 50 Meter unter ihm mühsam abplagte die Höhe zu halten. Immer wenn ich das Gefühl hatte, zentrisch im Steigflug zu sein, bin ich augenblicklich aus dem Bart gefallen und habe die Höhe wieder zunichte gemacht. Irgendwann war nur noch ein monotoner Sinkton auf dem Vario zu hören, der bis zur Landung beim Bruggerwirt innehielt. Zu meiner Verwunderung stand plötzlich auch Jürgen 10 Minuten später neben mir.
Trotz der mageren Flugergebnisse, gönnten wir uns dann ein Landebier und waren der Meinung, dass heute nicht mehr ging.
Bei guten Gesprächen verbrachten wir den restlichen Tag im Garten vom Bruggerwirt, bei dem wir dann auch das Abendessen einnahmen. Ganz in der Nähe in Holenzen waren wir zu Nacht im Larcherhof untergebracht, wo wir bei einem und anderen Bier den Abend haben ausklingen lassen.
Am Donnerstag die gleiche Prozedur. Uns erwartete wieder schönes, stabiles Herbstwetter. Um 12:00 Uhr waren wir startklar. Der indifferente Wind zickte mal wieder, wir mussten eine gute Phase abwarten, bis wir starten konnten. Heute versuchten wir unser Glück am Hang Richtung talauswärts. An einer Gräte turnten wir beide im wahrsten Sinne des Wortes in minimalen Abstand zueinander herum und versuchten Höhe zu machen. Jürgen gelang es schließlich auf ein Plateau zu kommen, das mir nicht gelang. Bei jedem Kreis verlor ich ca.10 Höhenmeter beim Steigen gegenüber ihm.
Nach ca.15 Minuten Turnerei in der engen, ruppigen Thermik verlor ich die Lust und versuchte mein Glück wieder am Hang talaufwärts. Das Ergebnis war das gleiche wie am Vortag, nur dass ich mit 20 Minuten längerer Flugzeit auf dem Landeplatz ankam.
Jürgen dagegen nutzte die gewonnene Höhe und wechselte auf einen anderen Bergrücken.
Bei einem Landebier haben wir die Situation nochmals Revue parieren lassen. Jürgen war der Meinung, dass wir es mit einer leicht nördlichen Großwetterlage zu tun hatten und wir ständig im Lee herumturnten. Besser wäre es gewesen, wenn wir das Tal sofort zu gequert hätten. Mal sehen, morgen ist auch noch ein Tag.
Es war Freitag und weitere Piloten unseres Vereins standen pünktlich am Landeplatz und warteten auf das vorbestellte Taxi zum Beladen. Einige waren mit ihren Begleiterinnen am Donnerstagabend angereist und benutzten den kostenlosen Campingplatz vom Bruggerwirt mit ihren Wohnmobilen.
Beladen vom Transport-Taxi
Von dem angekündigten Schlechtwetter keine Spur mehr. Pünktlich um 11:00 Uhr setzte sich das Taxi mit 6 Drachenflieger und 2 Gleitschirmflieger in Bewegung. Mit dem Gefährt brauchte man für die 1400 Höhenmeter eine Stunde. Und wegen Corona, alles mit Maske.
Jeder war froh, als er die Maske wieder oben abnehmen konnte.
Startplatz Melchboden
Diether Beck war der erste Pilot der sich für den Start fertigmachte. Der Startwind war nicht optimal, aber alles im grünen Bereich. Gleich nach dem Start setzte bei Diether das große Saufen ein und kurze Zeit später verschwand er sogar weit unten, hinter einem Bergrücken und ward nicht mehr gesehen.
Wir anderen starteten so nach und nach in Richtung talauswärts. Jürgen Haag zuerst und ich eine Minute später. In einer Kule fanden wir zunächst ein wenig Aufwind, aber total zerrupft. Zum Leidwesen gesellten sich auch noch Gleitschirme zu uns, so dass es für uns schnell zu eng wurde und wir das Weite suchen mussten. Wieder graste ich den Hang mit den Gräten wie tags zuvor ab, aber ohne etwas Brauchbares zu finden. Inzwischen habe ich mich ein ganzes Stück nach unten gearbeitet und beschloss das Tal zu queren. Vielleicht zu spät. Je mehr ich mich dem Gegenhang näherte, umso heftiger wurde mein Sinken. Schließlich hat mich der Mut verlassen und ich kehrte wieder nach dreiviertel der Strecke um. Damit war dann alles besiegelt, wie auch bei den anderen Vereinskameraden stand ich nach einer Stunde Flugzeit auf dem Landplatz und tröstete mich: „Wenigstens war die Landung gut!“
Erst jetzt konnte man erkennen, dass Diether Beck es mal wieder geschafft hat. Man sah ihn in Richtung Gerlos in mächtiger Höhe. Er hat später berichtet, dass seine maximale Flughöhe bei 3500 Meter NN war und er eine Flugzeit von dreieinhalb Stunden hatte.
Für mich ein Rätsel, ich hätte wetten können, dass Diether beim Zusammenbauen ist, wenn ich mein Gerät auf der Landewiese aufsetze.
Auch Jürgen Haag hat es geschafft, er war zwar unterhalb von Diether, konnte aber in dieser Position lange kurbeln. Am Ende waren es über zwei Stunden Flugzeit. Ich frage mich, wie er auf die andere Seite gekommen ist? So wie er sagte, nach dem Tumult in der Kule mit vollem Risiko, das ich mal wieder gescheut habe.
Jürgen Haag im Landeanflug
Am Samstag und Sonntag war das Wetter wieder herrlich, die Flugbedingen waren aber sehr mäßig. Zudem fanden die Österreichische Meisterschaft und die Tiroler Landesmeisterschaft mit Startplatz am Melchboden statt. Das hatte für uns den Einfluss, dass wir uns beim Drachentransport an den Schluss anstellen mussten. Die Gleitschirmflieger waren davon nicht betroffen, sie konnten mit dem Linienbus fahren.
Am Startplatz ein Bild wie in alten Zeiten, überall voll aufgebaute Drachen. Und für uns war immer noch genug Platz zum Aufbauen vorhanden.
Aufbauplatz Melchboden wie in alten Zeiten
Mit dem Start mussten wir noch warten bis die Wettbewerbspiloten in der Luft waren. Gegen 14:00 Uhr war auch das Startfenster für uns frei. Weil der Startwind mit null bis Rückenwind alles andere als gut war, sah man bei den Wettbewerbspiloten einige „Beihnahe Fehlstarts“. Die meisten Piloten fanden anschließend kaum Thermik und sie arbeiteten sich stetig nach unten.
Am Sonntag war war die Thermik etwas besser. Wer es mit etwas Glück und viel Geduld durch die Inversionsschicht schaffte konnte am Gegenhang Richtung Gerlos mühelos bis auf 3600 Meter NN aufdrehen. Davon hat soweit bekannt, nur Diether davon Gebrauch gemacht.
Unsere Gleitschirmflieger Ulf Borutzky und Jürgen Kuckert zogen es vor, am Penken ihr Heil zu versuchen. Mit einer „Aktionscard“ für 32 € starteten sie zu einen Marathon mit 6 Flügen am Tag. Bei einer Flugzeit von 25 Minuten/Flug kamen sie auf rund 90 Kilometer Strecke bei 8000 Höhenmeter. Höhengwinn hatten sie dabei nicht, aber doch eine gewisse Leistung beim Bodenhandling vollbracht.
Flug Diagramm von Jürgen Kuckert |
Fazit
Widererwartend hatten wir schönes und warmes Herbstwochenende erleben dürfen. Die Thermik war bescheiden, was auch nicht anders zu dieser Jahreszeit zu erwarten war. Trotzdem haben einige Clubkameraden lange Flüge machen können. Diether hat mit 8 Stunden Flugzeit bei maximaler Flughöhe von 3800 Meter NN an diesem Wochenende wieder den Maßstab gesetzt. Jürgen Haag war mit seinen Stundenflügen voll zufrieden. Und wir anderen Piloten waren auch zufrieden, jeden falls habe ich keinen klagen gehört.
Die Kameradschaft war wie immer ausgezeichnet, bei einem guten Tropfen und einem guten Essen hat man den Tag bis spät abends ausklingen lassen.
Neun Piloten und fünf Begleiterinnen nahmen am diesjährigen Ausflug teil. Trotz Corona und der langen Anfahrt, hat es sich gelohnt hier gewesen zu sein. Und wir kommen gerne wieder.
14.09.2020
Axel Schaffroth
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